11.05.2021 – Das Thema Kundenzentrierung ist mehr als ein Marketingschlagwort. Die Unternehmen – insbesondere im B2C-Bereich – erwarten sich dadurch loyalere Kunden und somit auch einen erhöhten Absatz. Dreh- und Angelpunkt dafür ist das Verständnis der Customer Journey. Sie bildet die Bedürfnisse der Kunden unter der Berücksichtigung der verschiedenen Kanäle ab. Eine typische Customer Journey endet nicht beim Kauf eines Produktes, sie bezieht neben Neukunden auch Bestandskunden ein. Sie wird unterteilt in die Phasen: Awareness, Consideration, Purchase, Retention und Loyality.
Je nach Produkt, Marke und Kunden sind Customers Journeys und deren Phasen kürzer oder länger. So dauert der Entscheidungsprozess beim Autokauf länger als bei FMCGs. Was aber gleich bleibt, ist die Erwartung der Kunden, in allen Phasen ein individuelles Markenerlebnis zu erhalten. Dabei stellt die Menge der verfügbaren und von Kunden heute genutzten Touchpoints viele Marketer vor eine große Herausforderung, da Kunden in den von ihnen bevorzugten Kanälen jeweils passende Inhalte und oft auch eine personalisierte Ansprache erwarten. Und diese sollten natürlich das vorher in der Customer Journey Erlebte miteinbeziehen.
Warum haptische Mailings gerade jetzt so wertvoll sind
Trotz der zunehmenden Digitalisierung und der extensiven „Bespielung“ der digitalen Dialogmarketingmöglichkeiten beobachten wir, dass Kunden auch weiterhin klassische Werbemedien begrüßen. So erleben wir zurzeit eine Wiederbelebung des klassischen Print-Mailings. Die derzeitige Corona-Situation bestärkt diesen Trend, denn die direkten Kontaktmöglichkeiten sind durch die Pandemie deutlich geringer. Dadurch bekommen Print-Mailings einen stärkeren Stellenwert innerhalb der Customer Journey.
Klassische Print-Mailings haben zwei Vorteile im Vergleich zu klassischen Newslettern: Kunden messen dem Print-Mailing eine höhere Aufmerksamkeit zu und verbringen auch Zeit mit dem Werbemittel. Verschiedene Studien zeigen eine 2-3mal so lange Nutzungs- oder Lesezeit. Der größte Mehrwert ist aber die Haptik. Statt eines virtuellen Kontakts in nicht greifbaren Digitalkanälen haben Kunden „etwas in der Hand“. Dabei gibt es heutzutage unzählige Möglichkeiten, aus einem einfachen Mailing eine markengerechte Experience zu gestalten. Die Veredelung durch hochwertige Papiere, Materialen und Farben sowie zusätzliche Verarbeitungsmöglichkeiten wie Stanzung oder Prägung helfen, besonders bei hochwertigen Marken eine maximale Wertigkeit zu erzeugen. Diese Möglichkeiten werden häufig in der Automobil-, Immobilien- oder Hospitality-Branche genutzt. Es zahlt ebenfalls auf die Haptik ein, Mailings auch mit Produktproben anzureichern und sie den Kunden zur Verfügung zu stellen. Im Idealfall hat der potentielle Kunde ein „kleines“ Produkterlebnis. Diese Möglichkeit wird insbesondere von der Kosmetik- und Lebensmittelbranche sowie der Farbindustrie genutzt.
Bei der Gestaltung von klassischen Mailings ist es wichtig, einen klaren „Call-to-Action“ zu setzen – bevorzugt zu einem digitalen Kanal. So können Werbetreibende Online- und Offline-Aktivitäten verbinden und später optimieren. Mittel der Wahl sind QR-Codes und personalisierte Voucher- oder Rabatt-Codes. Auch lassen sich hierdurch weitere Schritte realisieren – beispielsweise indem Kunden Produkte in virtuellen Umgebungen ansehen können oder der Kauf unmittelbar ermöglicht wird.
Mit Re-Targeting unbekannte Kunden erreichen
Bei der Umsetzung gibt es verschiedene Möglichkeiten: Hinterlässt der Kunde seine Adressdaten im Rahmen von Kampagnen oder Bestellungen, bilden diese die Basis für den Weg vom Web in den Briefkasten. Darüber hinaus gibt es inzwischen Dienste und Anbieter, die ein “analoges Re-Targeting" ermöglichen. Das heißt: Auch wenn der Nutzer auf der Website keine Adressdaten hinterlässt, so ist es durch Adress-Matching möglich, seinen ungefähren Wohnort zu bestimmen und einer „Adresszelle“ zuzuweisen. Da jedoch keine 1:1-Verknüpfung zwischen User und Adresse existiert, werden entsprechende Mailings gestreut. Im Schnitt müssen 6-7 Haushalte angeschrieben werden, um den Nutzer zu erreichen. Das kann sogar von Vorteil sein, denn man spricht auf diese Art und Weise noch weitere, gegebenenfalls ähnlich orientierte Nutzer im Umfeld des gewünschten Adressaten an.
Die Einsatzmöglichkeiten von Print-Mailings erstrecken sich dabei über alle Phasen der Customer Journey. Es haben sich verschiedenste Szenarien etabliert:
Awareness und Consideration: Der Nutzer sucht eine Lösung für sein Problem oder Herausforderung. Marken sorgen dafür, dass der Nutzer über diese Lösung informiert wird und damit die Vorzüge des Produkts versteht. Hier sind Direct Mailings eine der besten Möglichkeiten, potenziellen Kunden informative Inhalte bereitzustellen. Diese werden vom Nutzer als weniger direkt und aufdringlich wahrgenommen. Häufige Maßnahmen sind:
- Produktinformationen mit QR-Codes
- Personalisiere Vouchers
- Produktproben mit Feedback-Kanal (z.B. Website, Call Center)
- Einladungen zu speziellen Events oder Verkaufsveranstaltungen
- Alle Mailings, die dem Empfänger helfen sich zu informieren
Purchase-Phase: Ein Nutzer ist prinzipiell bereit, das Produkt oder die Dienstleistung zu erwerben. Gegebenenfalls benötigt er aber noch einen letzten „Stupser“ zum Einkauf (Nudging). Aus dem Nutzer wird dann idealerweise ein Käufer. In dieser Phase müssen Marketer den potenziellen Kunden alle Informationen zur Verfügung stellen, damit er eine Entscheidung einfach treffen kann. Typische Szenarien für Direkt Mailings sind:
- Mailings nach Warenkorb-Abbruch
- Personalisierte Rabatt-Mailings
- Mailings mit zeitlich limitierten Sonderangeboten
- Alle Mailings, die dem Empfänger ein konkretes („aggressives“) Angebot machen
Retention und Loyality: Der Kunde nutzt das Produkt und reflektiert sein Marken- oder Produkterlebnis. Im Idealfall teilt er seine positive Erfahrung mit anderen potentiellen Kunden. Doch Vorsicht: Gleichzeitig besteht aber die Gefahr, dass bei einer negativen oder enttäuschten Produkterfahrung der Kunde nicht zum Wiederkäufer wird. Deswegen wird in dieser Phase auch verstärkt darauf geachtet, schlechte Produkteerlebnisse zu verbessern.
- Einladungen zu Bonus-Programmen
- Personalisierte Gutschein-Codes
- Personalisierte Geburtstagsaktionen
- Event-basierte Mailings, z.B. Black Friday oder Weihnachten
- Cross- und Upselling-Angebote passend zur Kaufhistorie
- Produktproben für neue und verbesserte Produkte
- Mailings, um unzufriedenen Kunden verbesserte Angebote zu machen
- Mailings mit dem Ziel der Brand-Loyalität
- Mailings mit Wiederkaufsangeboten
In allen Phasen der Customer Journey gibt es also unzählige Einsatzmöglichkeiten für Print-Mailings. Insbesondere in der durchdigitalisierten Corona-Zeit bieten klassische Print-Mailings haptische und analoge Zugangsmöglichkeiten innerhalb der Customer Journey. Sie ergänzen nicht nur die Customer Journey, sie sind auch eine effektive Maßnahme, um die Kunden durch den Sales-Prozess zu begleiten und zum erneuten Kauf zu bewegen.
Autor:
Hagen Seidel ist Associate Partner der Digitalberatung Reply. Er ist zudem Teil der Geschäftsführung der auf User Experience spezialisierten Triplesense Reply. Hagen Seidel arbeitete zuvor bei anderen Digitalagenturen wie Namics, Sapient und Razorfish. Er betreut(e) Kunden in verschiedensten Branchen, z.B. BMW, Audi, DHL und McDonald's, und versteht es, in digitalen Projekten die verschiedenen Sichtweisen (strategisch, kreativ und technisch) unter Berücksichtigung der Customer Journey zu verbinden. Hagen Seidel kann dabei auf mehr als 20 Jahre Erfahrung im digitalen Marketing zurückblicken.